Die geplante Pflegereform der CDU/CSU-SPD-Koalition bringt eine Reihe an Maßnahmen auf den Weg, die strukturelle Verbesserungen für die Pflegebranche versprechen. Doch wie konkret sind die Pläne – und wo bleiben weiterhin offene Fragen? Ein kritischer Blick auf zentrale Vorhaben, Bewertungen aus der Praxis und die Perspektive der Einrichtungen.
Im Mittelpunkt der Pflegereform stehen mehrere Vorhaben, die Pflegebedürftige entlasten und Pflegeeinrichtungen entbürokratisieren sollen. Ein zentraler Punkt ist die geplante Deckelung des Eigenanteils für stationäre Pflege auf 1.000 Euro pro Monat. Parallel dazu soll ein Bürokratieentlastungsgesetz eingeführt werden, das Pflegekräfte durch reduzierte Dokumentationspflichten spürbar entlasten soll – unter anderem durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz.
Weitere Vorhaben umfassen die Bündelung bestehender Leistungen, um die Beantragung zu vereinfachen, sowie eine verstärkte Kooperation zwischen ambulanter und stationärer Pflege. Insbesondere das Modell der sogenannten „stambulanten Pflege“, einer kombinierten Versorgungsform, soll ausgebaut werden. Bereits in den ersten 100 Tagen nach Regierungsantritt will die Koalition erste Gesetze auf den Weg bringen, darunter das Pflegekompetenz- und Pflegeassistenzgesetz sowie Regelungen zur Einführung der Advanced Practice Nurse.
Zum 1. Januar 2025 sollen zudem sämtliche Pflegeleistungen – darunter Pflegegeld, Kurzzeitpflege und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen – um 4,5 Prozent steigen.
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) sieht in der Pflegereform wichtige Impulse, warnt jedoch vor ungelösten Kernproblemen. Zwar wird der Abbau bürokratischer Hürden grundsätzlich begrüßt, allerdings bleibt unklar, wie genau die Entlastung im Pflegealltag tatsächlich ausgestaltet werden soll. Auch die geplante Begrenzung der Eigenanteile wirft Fragen zur Finanzierung auf. Ohne konkrete Gegenfinanzierung befürchtet der Verband Belastungen für Pflegeeinrichtungen und letztlich eine Einschränkung der Versorgungsqualität.
Am stärksten kritisiert wird jedoch, dass der anhaltende Fachkräftemangel nur am Rande thematisiert wird. Für den bpa bleibt die Personalfrage zentral – ohne deutlich attraktivere Rahmenbedingungen und strukturelle Maßnahmen zur Personalgewinnung greife die Reform zu kurz.
Für Pflegeeinrichtungen und Vermittlungsplattformen wie CareFinder zeigt sich ein gemischtes Bild. Die geplanten Leistungserhöhungen bringen kurzfristige finanzielle Entlastung für Pflegebedürftige. Auch die sektorübergreifende Versorgung bietet Potenzial, insbesondere in Regionen mit Versorgungsengpässen.
Gleichzeitig birgt die Reform aber auch Risiken. Die Umsetzung der Sofortmaßnahmen – insbesondere in den ersten 100 Tagen – erfordert schnelle Abstimmungen zwischen Bund, Ländern und Trägern. Erfahrungsgemäß verlaufen solche Prozesse jedoch deutlich langsamer. Die Finanzierung der Eigenanteilsdeckelung bleibt ein weiteres offenes Thema. Sollte es hier zu Verzögerungen oder Kürzungen kommen, könnten Einrichtungen in wirtschaftliche Schieflagen geraten.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die geplante Digitalisierung. Der Einsatz von KI in der Pflegedokumentation ist prinzipiell sinnvoll, doch fehlen bislang verbindliche Standards und flächendeckende Schulungskonzepte.
Damit die Reform Wirkung entfalten kann, braucht es mehr als politische Zielsetzungen. Es braucht konkrete, praxistaugliche Maßnahmen, die Pflegeeinrichtungen entlasten und gleichzeitig langfristige Perspektiven schaffen. Dazu gehören transparente Finanzierungsmodelle für die Eigenanteilsbegrenzung, klare Vorgaben zum Bürokratieabbau und eine bundesweit einheitliche Strategie zur Fachkräftegewinnung – etwa durch verbindliche Gehaltsstrukturen, verlässliche Personalbemessung und gezielte Ausbildungsförderung.
Die Pflegereform 2025 sendet wichtige Signale, bleibt in entscheidenden Bereichen aber unkonkret. Während einige Maßnahmen kurzfristig Entlastung bringen können, drohen zentrale Herausforderungen wie der Fachkräftemangel und strukturelle Unterfinanzierung weiterhin ungelöst zu bleiben. Entscheidend wird sein, wie die Reform in der Praxis umgesetzt wird – und ob Einrichtungen, Fachverbände und Pflegekräfte dabei tatsächlich einbezogen werden. Die nächsten Monate werden zeigen, ob aus politischen Plänen konkrete Verbesserungen werden.
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